Über die Freude am Spiel

 

Renate nahm an einem Eingliederungskurs über 9 Monate teil. Dort leitete ich wöchentlich einen Workshop. Es ging darum, etwas aus sich selbst heraus, ohne äussere Vorgaben, frei zu gestalten. Mein Methodenkoffer ist vielfältig und meine Materialien auch. Renate fand meinen Kurs sehr unerfreulich. Sie weigerte sich von dem Angebot gebrauch zu machen. Was mich grundsätzlich nicht stört. Ich sagte dann: "Gut, dann schauen sie halt den anderen zu." Kontemplation ist in diesem Zusammenhang immer ein guter Ansatz.

Langeweile machte sich bei ihr breit und Sie wollte stricken, also liess ich sie stricken, da sie sich sonst oftmals nicht zurückhalten konnte, Ihren Kollegen ungefragt künstlerische Ratschläge zu erteilen.

 

Regelmässig machte ich ihr diverse Offerten, wie sie anfangen könnte, mit Farben, Formen und Linien zu experimentieren. nichts davon konnte sie aus ihrem Widerstand locken. Die Monate vergingen und es entstanden viele interessante Gruppenarbeiten bei den anderen Teilnehmern. Sechs Wochen vor Ende des Kurses, machte ich Ihr wieder einen Vorschlag: ich zeigte ihr, wie sie direkt mit Fingern abstrakte Bilder malen könnte.

Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich sofort - Minuten später griff sie zu Farbe und Papier und malte und hörte nicht mehr auf. zu den wöchentlichen Stunden brachte sie nun ihre eigenen Leinwände mit, jedes mal neue Formate, in Hülle und Fülle. Farbexplosionen verteilten sich darauf - Sie belieferte Ihre Verwandtschaft, Ihre Nachbarn, Ihre Freunde und gestaltete ihre eigenen Räume um. Sie dokumentierte dies und zeigte uns die Fotos der hängenden Werke. Sie bekam eine Stelle in einem Seniorenheim als Alltagsbegleiterin. Dort verbringt sie heute am liebsten ihre Zeit mit den Bewohnern frei malend. Das macht alle glücklich - und mich auch. Der Kanal muss nur gefunden werden - das kann manchmal dauern. ;)

 

Seit 2014 gebe ich diese Kurse, alters- und bildungsübergreifend. Ich habe dabei so viel gelernt. Über Menschen, Rhythmen, verborgene Talente, innere Widerstände, Zufriedenheit. Die ganze Bandbreite unserer menschlichen Existenz. Wertvolle, unbezahlbare Erfahrungen durfte und darf ich immer noch machen. Dabei bin ich Immer am Puls der Zeit. Die Kunst hat eine grosse positive, transformative Kraft, über das Unterbewusstsein neue Persönlichkeitsanteile freizulegen, die Freude bereiten.

 

"In sozialen, moralischen und geistigen Bereichen hat die Kunst keine Aufgaben

zu erfüllen. Künstler haben in der Gesellschaft nur die Aufgabe, das Gefühl

für das Menschliche lebendig zu erhalten ." (Lucio Fontana)